Ohne Meisterbrief einen Handwerksbetrieb gründen – geht das?
20. Oktober 2021
Wer sich in einem handwerklichen Bereich selbstständig machen möchte, benötigt in vielen Berufen nicht nur die nötigen Fähigkeiten, sondern auch einen Nachweis über eine entsprechende Ausbildung. Jemand, der gerne Brot backt, kann sich nicht einfach als Bäcker selbstständig machen, denn bei dem Beruf „Bäcker“ handelt es sich um ein zulassungspflichtiges Handwerk, dessen Ausübung einen Meisterbrief voraussetzt.
Zulassungspflichtig, zulassungsfrei und handwerksähnlich
In vielen handwerklichen Branchen besteht Meisterzwang. Das bedeutet, bei der Gründung eines Betriebes muss nachgewiesen werden, dass man einen Meistertitel erlangt hat. Das Gesetz zur Ordnung des Handwerks, oder kurz die Handwerksordnung, regelt, in welchen Berufen ein Meistertitel vorausgesetzt wird und in welchen nicht. In Anlage A werden alle Gewerbe aufgelistet, die als zulassungspflichtige Handwerke ausgeübt werden können, Anlage B beinhaltet die zulassungsfreien Handwerke oder handwerksähnliche Gewerbe, die keinen Meistertitel voraussetzen.
Zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe unterscheiden sich dahingehend, dass in ersteren eine Meisterprüfung abgelegt werden kann, während es für den Großteil der handwerksähnlichen Gewerbe gar nicht möglich ist, eine entsprechende Qualifikation zu erlangen.
Zulassungspflichtige Handwerke
In der folgenden Liste findest Du alle zulassungspflichtigen Handwerke, die einen Meistertitel erfordern um sie selbstständig ausüben zu dürfen.
- Zulassungspflichtige Handwerke
- Maurer und Betonbauer
- Ofen- und Luftheizungsbauer
- Zimmerer
- Dachdecker
- Straßenbauer
- Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer
- Brunnenbauer
- Steinmetzen und Steinbildhauer
- Stuckateure
- Maler und Lackierer
- Gerüstbauer
- Schornsteinfeger
- Metallbauer
- Chirurgiemechaniker
- Karosserie- und Fahrzeugbauer
- Feinwerkmechaniker
- Zweiradmechaniker
- Kälteanlagenbauer
- Informationstechniker
- Kraftfahrzeugtechniker
- Land- und Baumaschinenmechatroniker
- Büchsenmacher
- Klempner
- Installateur und Heizungsbauer
- Elektrotechniker
- Elektromaschinenbauer
- Tischler
- Boots- und Schiffbauer
- Seiler
- Bäcker
- Konditoren
- Fleischer
- Augenoptiker
- Hörakustiker
- Orthopädietechniker
- Orthopädieschuhmacher
- Zahntechniker
- Friseure
- Glaser
- Glasbläser und Glasapparatebauer
- Mechaniker für Reifen- und Vulkanisationstechnik
- Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
- Werkstein- und Terrazzohersteller
- Estrichleger
- Behälter- und Apparatebauer
- Parkettleger
- Rollladen- und Sonnenschutztechniker
- Drechsler (Elfenbeinschnitzer) und Holzspielzeugmacher
- Böttcher
- Glasveredler
- Schilder- und Lichtreklamehersteller
- Raumausstatter
- Orgel- und Harmoniumbauer
Quelle: gesetze-im-internet.de, abgerufen am 19.10.2021
Zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe
Die folgenden Handwerke und handwerksähnlichen Gewerbe benötigen keinen Meistertitel und auch keine weiteren Qualifikations- oder Ausbildungsnachweise, um einen Betrieb gründen zu können.
- Zulassungsfreie Handwerke
- Uhrmacher
- Graveure
- Metallbildner
- Galvaniseure
- Metall- und Glockengießer
- Präzisionswerkzeugmechaniker
- Gold- und Silberschmiede
- Modellbauer
- Holzbildhauer
- Korb- und Flechtwerkgestalter
- Maßschneider
- Textilgestalter (Sticker, Weber, Klöppler, Posamentierer, Stricker)
- Modisten
- Segelmacher
- Kürschner
- Schuhmacher
- Sattler und Feintäschner
- Müller
- Brauer und Mälzer
- Weinküfer
- Textilreiniger
- Wachszieher
- Gebäudereiniger
- Feinoptiker
- Glas- und Porzellanmaler
- Edelsteinschleifer und -graveure
- Fotografen
- Buchbinder
- Print- und Medientechnologen (Drucker, Siebdrucker, Flexografen)
- Keramiker
- Klavier- und Cembalobauer
- Handzuginstrumentenmacher
- Geigenbauer
- Bogenmacher
- Metallblasinstrumentenmacher
- Holzblasinstrumentenmacher
- Zupfinstrumentenmacher
- Vergolder
- Holz- und Bautenschützer (Mauerschutz und Holzimprägnierung in Gebäuden)
- Bestatter
- Kosmetiker
- Handwerksähnliche Gewerbe
- Eisenflechter
- Bautentrocknungsgewerbe
- Bodenleger
- Asphaltierer (ohne Straßenbau)
- Fuger (im Hochbau)
- Rammgewerbe (Einrammen von Pfählen im Wasserbau)
- Betonbohrer und -schneider
- Theater- und Ausstattungsmaler
- Herstellung von Drahtgestellen für Dekorationszwecke in Sonderanfertigung
- Metallschleifer und Metallpolierer
- Metallsägen-Schärfer
- Tankschutzbetriebe (Korrosionsschutz von Öltanks für Feuerungsanlagen ohne chemische Verfahren)
- Fahrzeugverwerter
- Rohr- und Kanalreiniger
- Kabelverleger im Hochbau (ohne Anschlussarbeiten)
- Holzschuhmacher
- Holzblockmacher
- Daubenhauer
- Holz-Leitermacher (Sonderanfertigung)
- Muldenhauer
- Holzreifenmacher
- Holzschindelmacher
- Einbau von genormten Baufertigteilen (zum Beispiel Fenster, Türen, Zargen, Regale)
- Bürsten- und Pinselmacher
- Bügelanstalten für Herren-Oberbekleidung
- Dekorationsnäher (ohne Schaufensterdekoration)
- Fleckteppichhersteller
- Theaterkostümnäher
- Plisseebrenner
- Stoffmaler
- Textil-Handdrucker
- Kunststopfer
- Änderungsschneider
- Handschuhmacher
- Ausführung einfacher Schuhreparaturen
- Gerber
- Innerei-Fleischer (Kuttler)
- Speiseeishersteller (mit Vertrieb von Speiseeis mit üblichem Zubehör)
- Fleischzerleger, Ausbeiner
- Appreteure, Dekateure
- Schnellreiniger
- Teppichreiniger
- Getränkeleitungsreiniger
- Maskenbildner
- Lampenschirmhersteller (Sonderanfertigung)
- Klavierstimmer
- Theaterplastiker
- Requisiteure
- Schirmmacher
- Steindrucker
- Schlagzeugmacher
Quelle: gesetze-im-internet.de, abgerufen am 19.10.2021
Meldung an die Handwerkskammer
Die zulassungsfreien Handwerke und handwerksähnlichen Gewerbe können zwar ohne Qualifikationsnbachweise ausgeübt werden, allerdings ist bei einer Gründung eine Meldung bei der Handwerkskammer obligatorisch. Tätigkeiten, die nicht in dieser Liste aufgeführt sind, müssen nicht bei der Handwerkskammer gemeldet werden. Falls Du Dir unsicher sein solltest, ob die von Dir geplante Gründung in einen der oben genannten Bereiche fällt oder nicht, kannst Du jederzeit bei der für Deine Region zuständigen Handwerkskammer nachfragen.
Ausübungsberechtigung für zulassungspflichtige Handwerke
Für Gründer:innen, die einen Betrieb in einem zulassungspflichtigen Handwerk eröffnen möchten, aber (noch) über keinen Meistertitel verfügen, gibt es eine Ausnahmeregelung, die sogenannte Ausübungsberechtigung, die ebenfalls in der Handwerksordnung (§7b) geregelt ist.
Eine Ausübungsberechtigung kann der oder diejenige erhalten, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind.
- Es muss eine Gesellenprüfung bestanden worden sein.
- Man muss mindesten sechs Jahre in dem Beruf gearbeitet haben, den man ausüben möchte, davon vier Jahre in leitender Funktion.
- Die ausgeübte Tätigkeit muss einen wesentlichen Teil der Tätigkeit umfasst haben, für die die Ausübungsberechtigung beantragt wurde.
Die Berechtigung muss bei der Handwerkskammer beantragt werden.
Folgende zulassungspflichtige Handwerke, sind von dieser Regelung allerdings ausgeschlossen. Hier ist ein Meistertitel zwingend vorgeschrieben.
- Schornsteinfegerhandwerk,
- Augenoptikerhandwerk,
- Hörakustikerhandwerk,
- Orthopädietechnikerhandwerk,
- Orthopädieschuhmacherhandwerk und
- Zahntechnikerhandwerk.
Papierkram als Buchhaltungstool für Handwerker
Egal, ob Du einen Betrieb in einem zulassungspflichtigen oder zulassungsfreien Handwerk gründen möchtest, eine ordnungsgemäße Buchhaltung muss immer geführt werden. Papierkram ist eine branchenübergreifende Software, die Dich optimal bei Kundenverwaltung, Angebots- und Rechnungsstellung, Zeiterfassung, EÜR und UStVA und vielen weiteren Vorgängen unterstützt.